Praxistage der Sozial- und Jugenddezernentin

Am Anfang steht das Verständnis. Als Sozial- und Jugenddezernentin muss Rosemarie Lück die Aufgaben Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wandel der Zeit verstehen. Aber auch außerhalb der Kreisverwaltung gibt es viele Berufe mit Schnittstellen zum #LaDaDi… 


Perspektive: Du blockierst jedes Jahr mindestens 2 Tage deines Kalenders, um dir Jobs aus dem Jugend- und Sozialbereich genau anzusehen. Wie kommt man auf sowas?


Rosemarie Lück: Diese Jobs verlangen ausnahmslos großes Verantwortungsbewusstsein, Augenmaß und Fingerspitzengefühl. Doch die Herausforderungen versteht nur, wer den Arbeitsalltag ungefiltert teilt. 


Perspektive: Was waren deine letzten Stationen? 

Rosemarie Lück: Zuletzt war ich bei Frau Wiegand, einer Tagesmutter in Dieburg und im Anschluss in der Kita St. Josef, auch in Dieburg.

Perspektive: Wie kann man sich den Alltag einer Tagesmutter vorstellen?


Rosemarie Lück: Die Tagesmutter in Dieburg hat eine entsprechende Ausbildung absolviert und betreut 5 Kinder unter 3 Jahren. Vor Ort gibt es sehr schöne Räumlichkeiten, alles ist kindgerecht renoviert und umgebaut. Mit den Kindern wird den ganzen Vormittag gespielt, gesungen, Bewegungsspiele gemacht. 


Perspektive: Die Betreuung geht bis in den Nachmittag?


Rosemarie Lück: Richtig. Nach dem Mittagessen schlafen die Kinder und dann bekommen sie nach dem Aufwachen einen kleinen Imbiss mit Obst. Es ist sehr schön zu sehen, wie die Kinder betreut werden. Sie bekommen eine sehr individuelle Förderung und Begleitung.


Perspektive: Das klingt erst einmal überschaubar…


Rosemarie Lück: …ist aber nur ein Teil dessen, was Tagesmütter leisten. Zuerst wird meistens eine umfassende Investition in die Ausstattung benötigt. Dazu soll jeden Tag ein gesundes und abwechslungsreiches Mittagessen auf den Tisch. Es muss viel gewaschen und vorbereitet werden und am Ende kommen natürlich noch Elterngespräche und die Buchhaltung dazu. Tagesmütter, die Ganztagsplätze anbieten, haben locker einen 12 Stundentag. 


Perspektive: Dein Fazit?


Rosemarie Lück: Es hat mir viel Spaß und Freude bereitet dabei zu sein. Die kleinen Kinder zu betreuen ist eine schöne und sehr erfüllende Aufgabe.


Perspektive: Am nächsten Tag ging’s weiter? 


Rosemarie Lück: Ja, danach hatte ich den direkten Vergleich in einer Dieburger KiTa. Viele Kinder, viele Erzieherinnen und das alles noch im Umbau. Um 10 Uhr fand eine große Morgenrunde statt, da wurden die Neuen vorgestellt (Kinder und Erzieherinnen und ich). Wir haben gemeinsam gesungen, danach sind alle wieder in ihre Gruppen gegangen, zum Spielen, Basteln, Vorlesen etc. 


Perspektive: Raubtierfütterung inklusive? 


Rosemarie Lück: Alle bekommen ein Mittagessen. Zuerst die Kleinen unter 3 Jahren, sie lernen schon Tischdecken und alles wieder abräumen. Ein Traum jeder Mutter. Danach schlafen sie. Die Großen können dann schauen, wann sie Essen gehen. Aber alles ist gut organisiert, damit niemand zu kurz kommt. Nachmittags waren die Kinder draußen zum Spielen und wurden nach und nach von Eltern oder Großeltern abgeholt.


Perspektive: Hast Du etwas Besonderes beobachten können?


Rosemarie Lück: Meines Erachtens ist die vorgeschriebene Gruppengröße in der Kita, 25 Kindern auf 1,75 Erzieherstellen viel zu groß. Es sind nicht alle Kinder gleich. Manche brauchen eine zusätzliche Ansprache oder Förderung, andere müssen ein wenig eingebremst, wiederum andere eingewöhnt werden. Das sind viele Herausforderungen auf einmal.


Perspektive: Im Nachhinein betrachtet…


Rosemarie Lück: Ich hatte bereits höchsten Respekt vor den Berufen der Tagesmutter bzw. der Erzieherin. Trotzdem war ich noch mal überrascht, wie komplex die Tätigkeit ist. Es geht nicht nur um Aufsicht. Es ist gut und notwendig, wenn Kinder altersgerecht gefördert und betreut werden, damit sie einen guten Start ins Leben haben. Dafür ist die Bezahlung insgesamt zu gering und wird in unserer Gesellschaft zu wenig wertgeschätzt. Hier müssen wir mehr Öffentlichkeit schaffen und auch politisch dranbleiben. 


Perspektive: Vielen Dank für das Gespräch!


Rosemarie Lück: Gerne!