Kleine Geschenke… große Gefahr?
Eine Vorweihnachtsaktion der Antikorruptionsbeauftragten des #LaDaDi
Kann ich die Einladung eines Lieferanten/Auftragnehmers zum Mittagessen annehmen? Darf ich die Kiste Bordeaux –Wein genießen, die mir der freundliche Antragsteller im Genehmigungsverfahren überlassen hat? Und was ist mit den kleinen und großen Aufmerksamkeiten, die mir die Kooperationspartner zum Jahreswechsel zukommen lassen?
Viele von Ihnen stehen möglicherweise vor diesen oder ähnlichen Fragen, wenn Sie mit Geschenken, Einladungen oder anderen Vergünstigungen bedacht werden sollen. Gerade in der Vorweihnachtszeit möchte sich der eine oder andere für die gute Zusammenarbeit übers Jahr mit einem Präsent bei Ihnen bedanken.
Aber was ist erlaubt und was nicht?
Heute und in den nächsten drei Wochen haben Sie die Gelegenheit, kleine Übungsfälle zu lösen, sich für knifflige Situationen zu wappnen und ihr Wissen zur Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen zu überprüfen.
Machen Sie mit und überlegen Sie, wie Sie sich verhalten hätten.
Falls Sie nachschauen wollen; die einschlägigen Vorschriften finden Sie unter Wissen > Beauftragte > Antikorruptionsbeauftragte
Dilemma 1
Vielen Dank für die Blumen!
Bei einer Konferenz sind Sie als Vertreter des Landkreises eingeladen, wegen Ihrer besonderen Fachexpertise im Rahmen Ihrer dienstlichen Aufgaben eine Rede zu halten. Nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung, bevor das Buffet eröffnet wird, werden alle insgesamt fünf Redner/-innen gebeten, auf das Podium zu kommen, um ein kleines verpacktes Geschenk* sowie einen Blumenstrauß in Empfang zu nehmen.
Wie reagieren Sie?
a) Sie sagen danke und nehme die Geschenke an.
b) Sie packen das Geschenk aus und lehnen es in einer höflichen Art und Weise ab, sofern des die Wertgrenze übersteigt.
c) Sie nehmen das Geschenk an und spenden es für eine wohltätige Organisation. Die Blumen behalten Sie aber.
d) Sie nehmen nichts von alledem an und verlassen die Veranstaltung vor der Eröffnung des Buffets.
*Was Sie nicht sehen können: In dem eingepackten Geschenk befindet sich ein Gutschein einer Drogeriekette im Wert von 20,00 €.
Wie versprochen, die Auflösung zum ersten Dilemma- Fall:
Vielen Dank für die Blumen
Lösung: Keine der angegebenen Lösungen war für Sie wirklich passend? Stimmt! Lassen Sie uns die Situation ein wenig genauer betrachten.
Präsente ablehnen zu müssen, bringt Sie in eine unangenehme Situation. Andererseits sind Sie den dienst- und strafrechtlichen Vorgaben zur Korruptionsvermeidung verpflichtet. Antwort a) schließt sich daher aus.
Antwort b) klingt verführerisch. Schließlich könnte es sich um eine geringwertige Aufmerksamkeit handeln, die Sie bis zu einem Wert von 20 € annehmen dürften. Aber zu früh gefreut! Bei einem Gutschein handelt es sich um einen geldwerten Vorteil, der von dem strikten Annahmeverbot der Verwaltungsvorschrift zur Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen umfasst wird.
Bei Antwort c) könnte bereits der Blumenstrauß den Schwellenwert von 20,00 € übersteigen und seine Annahme deshalb unzulässig sein. Außerdem würden Sie sich dem Vorwurf aussetzen, bei der Vielzahl an gemeinnützigen Organisationen den Empfänger Ihrer Spende zu bevorteilen.
Mit Antwort d) könnten Sie sich der gesamten unangenehmen Situation entziehen, müssten allerdings die Veranstaltung vorzeitig verlassen.
Was tun?
Bei der Übergabe von Geschenken in dem geschilderten Sachverhalt wird es schwierig werden, die Präsente vor Publikum abzulehnen. Allerdings sollte eine Klärung der Situation noch während der Veranstaltung –vielleicht im 4-Augen-Gespräch mit dem Organisator /Gastgeber– möglich sein. Dabei dürfen Sie ruhig klar machen, in welche schwierige Situation Sie die sicherlich gut gemeinten Aufmerksamkeiten bringen und warum Sie gehindert sind, diese anzunehmen. Sollte es wirklich gar keine andere Möglichkeit geben, liefern Sie Präsente, derer Sie sich nicht erwehren können, bei der Personalabteilung ab, damit über eine mögliche Rückgabe entschieden werden kann.
Und zu guter Letzt: Das Buffet können Sie gerne genießen, wenn es sich dabei um eine Bewirtung handelt, die üblich und angemessen ist und vor dem Hintergrund der amtlichen Funktion einen unerheblichen Wert darstellt. Hinweise hierzu geben Nr. II.1.3 und II.1.4 der Verwaltungsvorschrift über die Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen, die im Intranet eingestellt ist.
Und hier der nächste Übungsfall:
Dilemma 2
Wenn einer eine Reise tut….
Als Beschäftigte (r) des Landkreises prüfen Sie die Verwendung von Zuschüssen beim Zuwendungsempfänger vor Ort. Der Leiter der zu prüfenden Einrichtung bietet an, Sie und Ihre(n) Kollege/-in am Bahnhof abzuholen und zum Geschäftsort zu fahren. Schließlich hole er täglich die Post vom Postamt in Bahnhofsnähe ab. Sie mitzunehmen sei deshalb kein Mehraufwand. Außerdem bietet er an, Ihnen in einem zweistündigen Stadtrundgang am Abend die Stadt zu zeigen. Schließlich kenne er den Wirt eines netten Lokals persönlich, in das es sich lohne, einzukehren.
Was machen Sie?
a) Sie nehmen das Angebot sehr gerne komplett an
b) Sie lehnen das Angebot komplett ab.
c) Sie nehmen die Abholung an und lehnen die Stadtführung ab.
d) Sie nehmen die Stadtführung an und lehnen die Abholung ab.
Sicherlich ist Ihnen eine Einschätzung zum Übungsfall aus der letzten Woche schon bedeutend leichter gefallen.
Auflösung zum zweiten Dilemma-Fall:
Wenn einer eine Reise tut…
Sie ahnen es sicher schon, Antwort b) sollte Ihr Favorit sein!
Sie hätten Antwort c) gewählt, weil die Abholung mit einem Wagen vom Bahnhof nach Nr. II.1.2 der Verwaltungsvorschrift (VV) zur Annahme von Belohnungen und Geschenken freigestellt ist? Bitte bedenke Sie, dass Sie in der geschilderten Situation die Verwendung von Zuschüssen prüfen und deshalb in einer (Prüfungs-)Funktion wahrgenommen werden, in der Sie Integrität vermitteln und bereits jeden Anschein einer möglichen unzulässigen Beeinflussung vermeiden müssen. In dieser besonderen Situation sollten Sie auf die Inanspruchnahme auch geringfügiger Dienstleistungen im Sinne der VV verzichten.
Die Antworten a) und d) beinhalten die Annahme der Stadtführung und möglicherweise eine Bewirtungseinladung in dem netten Lokal des befreundeten Wirts. In beiden Fällen kollidiert die Annahme mit der Auflistung der von dem Annahmeverbot nach Nr. I.2.2 der VV umfassten Leistungen.
Heute, am 09. Dezember, dem internationalen Tag der Antikorruption der letzte Fall:
Dilemma 3
Das Jubiläum
Als Mitarbeiter der Ordnungsverwaltung führen Sie die Kontrolle bezüglich der Einhaltung der mit einer Genehmigung erteilten Auflagen durch. Leider müssen Sie dabei feststellen, dass die betroffene Firma sich nicht an die Auflagen gehalten hat und weitere verwaltungsrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Der Firmeninhaber versichert Ihnen, die Versäumnisse umgehend zu beheben, schließlich handele es sich ohnehin nur um Formalien und lädt Sie herzlich zur Feier seines 50jährigen Firmenjubiläums im nächsten Monat ein. In diesem Rahmen könne man dann ja auch seine Pläne zur Erweiterung des Firmensitzes in ungezwungener Atmosphäre erörtern.
Wie reagieren Sie?
a) Sie ignorieren sein Verhalten.
b) Sie nehmen die Einladung an und geben der Firma die Gelegenheit, die Mängel zu beseitigen.
c) Sie empören sich über den Korruptionsversuch und informieren die Staatsanwaltschaft.
d) Schade! Leider haben Sie an der 50-Jahr-Feier keine Zeit. Aber Sie nehmen gerne den Geschenkkorb mit firmeneigenen Produkten entgegen, den Ihnen der Inhaber anstatt dessen überreicht und geben der Firma Gelegenheit, die Auflagen nachträglich zu erfüllen.
Vielen Dank, dass Sie bis hierher durchgehalten und mitgemacht haben.
Auflösung zum dritten Dilemma-Fall
Das Jubiläum
Die Antworten b) und d) induzieren, dass Sie einen ungerechtfertigten Vorteil/ ein Geschenk annehmen und damit gegen die Vorgaben zur Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen und darüber hinaus möglicherweise weitere Rechtsverstöße verantworten müssen, wenn Sie außerhalb des laufenden Verwaltungsverfahren Gelegenheit geben, eine Mängelbeseitigung vorzunehmen.
Antwort c) wäre theoretisch denkbar. Tatsächlich sollte jedoch bei Korruptionsverdacht zunächst der Dienstvorgesetzte/die Verwaltungsleitung informiert werden oder Sie wenden sich an die/den Antikorruptionsbeauftragte/n.
Antwort a) ist möglich, aber sicher nicht ideal. Sie werden nicht umhin kommen, dem Firmeninhaber freundlich aber bestimmt darzulegen, ob und wenn ja welche verwaltungsrechtlichen Maßnahmen einzuleiten sind, um die Umsetzung der Auflagen zu gewährleisten.
Darüber hinaus sollten Sie die Einladung zur Betriebsfeier höflich zurückweisen und Ihrem Gegenüber versichern, dass die geplante Betriebserweiterung ohne weiteres in den Räumlichkeiten des Landkreises unter Einhaltung der verwaltungsrechtlichen Vorgaben erörtert werden kann.
Wie Sie sehen, ist es gar nicht so einfach, in der jeweiligen Situation rechtskonform zu handeln ohne Gefahr zu laufen, sein Gegenüber zu irritieren oder gar zu kränken. Häufig ist den Beteiligten nicht bewusst, dass sie die Behördenvertreter mit gut gemeinten Aufmerksamkeiten in ein Dilemma stürzen könnten. Gleichzeitig gilt es, als Beschäftigter im öffentlichen Dienst der Kreisverwaltung im Umgang mit Belohnungen und Geschenken, die im dienstlichen Zusammenhang stehen könnten, stets achtsam zu bleiben.
In Zweifelsfällen könne Sie gerne Kontakt mit mir aufnehmen (Telefon: 2062; Mail: antikorruption@ladadi.de)
Eine schöne Adventszeit wünscht Ihnen
Sabine Fischbach-Thiel
(Antikorruptionsbeauftragte)